Mit der Verlegung von vier Stolpersteinen in der Eilenburger Straße 21 Anfang Juni setzt Taucha ein weiteres sichtbares Zeichen gegen das Vergessen. Die Gedenksteine erinnern an Henriette Lipmann, ihre Tochter Johanna sowie an Samuel Scholem und Jantof Lipmann, die Opfer der antisemitischen Verfolgung im Nationalsozialismus wurden. Dies teilt der Erich-Zeigner-Haus e.V. mit.
Die Spurensuche nach dem Schicksal der jüdischen Familie Lipmann begann laut Mitteilung im Herbst 2024 als schulisches Projekt am Geschwister-Scholl-Gymnasium Taucha. Acht Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 10 und 11 forschten gemeinsam mit dem Erich-Zeigner-Haus e. V. in Leipzig und ihrer Geschichtslehrerin zur Lebensgeschichte der Familie. Sie nutzten Originaldokumente, unternahmen eine Exkursion in das Jüdische Museum Berlin und trafen sich alle zwei Wochen in einer Arbeitsgemeinschaft außerhalb der Unterrichtszeit.
„Wir möchten mit unserer Arbeit das Erinnern lebendig halten und einen Beitrag gegen Rechtsextremismus leisten“, sagen die Schülerinnen Marie und Stella. Besonders in der heutigen politischen Lage sei es wichtig, zu zeigen, dass hinter jedem Namen ein Mensch mit einem Schicksal steht.
Empfänger: Erich-Zeigner-Haus e. V.
IBAN: DE94 8605 5592 1100 2798 96
Verwendungszweck: Stolpersteine Familie Lipmann
Henriette Lipmann wurde 1890 in Leipzig geboren, ihre Tochter Johanna kam 1920 zur Welt. Gemeinsam lebten sie in der Eilenburger Straße 21 in Taucha. Ihr Ehemann und Vater Samuel Scholem Lipmann sowie der mit ihm verwandte Jantof Lipmann wohnten zeitweise ebenfalls dort. Unter dem zunehmenden Druck durch das NS-Regime emigrierten Samuel und Jantof Lipmann noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Henriette und Johanna flohen 1937 nach Frankreich, wurden jedoch 1944 im Sammellager Drancy interniert und schließlich nach Auschwitz deportiert – beide wurden dort ermordet.
Die geplante Stolpersteinverlegung ist nicht die erste Initiative dieser Art in der Parthestadt. Bereits 2022 wurde eine Stolperschwelle unweit des Marktplatzes angebracht, die an die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter des Rüstungsunternehmens HASAG erinnert. Ein Jahr später folgte der erste Stolperstein in Taucha für den verfolgten Kommunisten Alfred Bock. Mit den nun folgenden vier Gedenksteinen wird erstmals in Taucha das Schicksal jüdischer Bürgerinnen und Bürger durch Stolpersteine sichtbar gemacht.
Emily Bandt vom Erich-Zeigner-Haus e. V., die das aktuelle Projekt leitete, betont: „Mit den Stolpersteinen für die Familie Lipmann wird die Erinnerung an die Verfolgung von Jüdinnen und Juden im Stadtbild von Taucha verankert – als Mahnung und Zeichen der Verantwortung.“
Die Verlegung der Stolpersteine wird öffentlich sein, die Projektgruppe lädt alle Interessierten zur Gedenkfeier am 11. Juni 2025 um 9 Uhr an die Eilenburger Straße 21 in Taucha herzlich ein. Informationen zum Projekt und Möglichkeiten zur Unterstützung – insbesondere durch Spenden – sind unter www.erich-zeigner-haus.de zu finden.
Stolpersteine sind kleine, im Boden verlegte Gedenktafeln aus Beton mit einer Messingplatte. Sie erinnern an Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert, ermordet, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Inschriften sind von Hand eingeschlagen und geben Auskunft über das Schicksal der jeweiligen Person.
Sie werden meist vor dem letzten selbst gewählten Wohnort der Opfer verlegt. Wer vorbeigeht, „stolpert“ im übertragenen Sinne über die glänzende Tafel, bleibt stehen, liest – und verbeugt sich im Moment des Innehaltens symbolisch vor dem Menschen, dem gedacht wird.
Das Kunstprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig begann 1992. Finanziert wird es durch Spenden und Patenschaften. In Taucha gibt es bislang eine Stolperschwelle auf dem Marktplatz sowie einen Stolperstein für Alfred Bock. Mit den vier neuen Steinen für die Familie Lipmann wird das Gedenken erweitert.