Sachsen ist AfD-Blau. Bei den Kreistags-, Europa- und auch vielen Stadtratswahlen gewann die rechtspopulistische und in Teilen als rechtsextrem eingeordnete Partei. Auch in Taucha. Auf kommunaler Ebene ist diese Abstrafung der Bundespolitik eine Klatsche für die vielen ehrenamtlichen Stadträtinnen und Stadträte, die sich bislang fernab jeder Parteienideologie um das Wohl der Tauchaer in den Ausschüssen und im eigentlichen Stadtrat gekümmert haben.
Sehr zufrieden mit dem Ergebnissen der Stadtratswahl in Taucha ist naturgemäß Klaus Hofmann von der AfD. Seitdem er 2019 in den Stadtrat einzog, habe er „keine Erfolge” zu verzeichnen gehabt, sagte er gegenüber Taucha kompakt: „Ich war ja alleine. Nun bin ich erleichtert, das nicht mehr zu sein. Ich freue mich, einige Mitstreiter gefunden zu haben,” sagte Hofmann und wies darauf hin, dass nun vier AfD-Stadträte im Stadtrat sitzen werden. Hofmann bedauerte jedoch, dass es noch ein Sitz mehr hätte sein können, wenn sich mehr Kandidaten zur Verfügung gestellt hätten: „Leider ist kaum jemand bereit, für die AfD Gesicht zu zeigen.”
Hofmann erklärte weiter, dass er immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe und dass es ihm wichtig sei, das Bild der AfD in der Öffentlichkeit zu verbessern. „Viele kennen mich, darum habe ich so viele Stimmen bekommen,” meinte er.
Christof Heinzerling bislang Fraktionsvorsitzender bei der SPD wird im neuen Stadtrat nicht mehr vertreten sein. Er erkannte an, dass seine Partei die Hälfte der Stimmen verloren habe, freute aber auch, dass die Partei nun wenigstens drei Stadträte hätte. Darunter „zwei junge und einen sehr erfahrenen. Wir wollten den Wandel in Richtung Jung, den haben wir nun,” sagte Heinzerling und fügte hinzu, dass es jetzt darum gehe, eine beschlussfähige Mehrheit zu finden.
Tom Richter, der neue Fraktionsvorsitzende der SPD, sprach von einer „großen Klatsche” der Wähler für die Bundespolitik, die sich ins Lokale ausgewachsen hätte. Im Wahlkampf habe sich bereits gezeigt, dass die SPD nicht gut abschneiden würde. „Jetzt haben wir die Möglichkeit, mit neuer Besetzung ins Rennen zu gehen und für Taucha das Beste rauszuholen,” sagte Richter. Er zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werde, Kontinuität in der Stadt zu gewährleisten.
Marco Niezgoda von der Wählervereinigung „Wir für Taucha“, die aus dem Stand in den Stadtrat kam, dankte allen Wählern und betonte, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst richtig beginne. „Die beiden gewählten Kandidaten René Meyer und Annelie Hampel haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen,” sagte er und fügte hinzu, dass beide auf ein starkes Team im Hintergrund vertrauen könnten. Niezgoda äußerte Enttäuschung darüber, dass die AfD so stark abgeschnitten habe, zeigte sich jedoch offen für eine sachbezogene Zusammenarbeit, sofern diese den Bürgern diene.
Jens Barthelmes von den Unabhängigen Wählern Taucha sah sich in der Arbeit seines Vereins bestätigt und betonte, dass die Gemengelage im Stadtrat nun schwieriger werde. Zur AfD meinte er, dass es personenabhängig sei, ob man mit AfD-Anträgen arbeiten könne, solange diese Taucha dienten. Auch die Unabhängigen Wähler gehören zu den Gewinnern: Statt zwei haben sie nun drei Sitze und in Summe fast vier Prozent zugelegt.
Frank Apitz von der CDU zeigte sich stolz darauf, dass seine Partei die fünf Sitze wiedergewonnen habe. Er betonte, dass die Meinung der Bürger zur Bundespolitik eine Rolle gespielt habe und dass die CDU nahezu das Ergebnis vom Vorjahr gehalten habe. Apitz wies darauf hin, dass viele neue und unerfahrene Kandidaten im Stadtrat seien und dass es nun darum gehe, sich gegenseitig anzunähern und ein Gremium zu schaffen, das die Interessen der Stadt vertrete. „Der AfD-Stadtrat ist bislang kommunalpolitisch faktisch nicht in Erscheinung getreten. Das dürfte sich nun in der Fraktion ändern”, so Apitz.
Annette Scheller von der Linken, die einzige verbliebene Vertreterin ihrer Partei, äußerte Enttäuschung über das Ergebnis. Sie erklärte, dass es schwer sei, alleine etwas zu erreichen, und erwäge daher eine Koalition mit der SPD oder den Grünen, um Fraktionsstärke zu erlangen. „Ich werde dazu das Gespräch suchen”, sagte sie.
Für der FDP wird Kristina Danz, die ehemalige Schulleiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in den Stadtrat ziehen. Gemeinsam mit Margot Witt, die bereits Stadtratsmitglied war, wird sie nun für „Frauenpower” sorgen. „Wir freuen uns, wieder zwei Sitze im Stadtrat zu haben, das war alles andere als selbstverständlich”, sagt Jochen Möller, der bisherige Fraktionsvorsitzende.
Für die Bündnisgrünen wird Fridtjof Erbs erneut in den Stadtrat einziehen. Er war urlaubsbedingt heute nicht für ein Statement erreichbar.
Für Bürgermeister Tobias Meier sei die künftige Zusammensetzung des Stadtrates eine „spannende Angelegenheit”, wie er sagt. „Elf Stadträte sind nicht mehr dabei, dafür gibt es zwölf neue. Diese müssen sich erstmal innerhalb ihrer eigenen Rolle wiederfinden, als auch im Bezug zu den anderen. Das dürfte nicht einfach werden”, schätzt das Stadtoberhaupt ein. Er wünsche sich, dass „jeder auf Kompromiss-Suche geht und nicht nur auf seinen eigenen Themen und Standpunkten beharrt”, so Meier.
Tatsächlich dürfte es künftig schwieriger werden, die bislang oft gelebte Konsens-Mentalität des Tauchaer Stadtrates weiter zu verfolgen.