Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha | nordsachsen24.de

Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha

Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)

Am vergangenem Sonnabend fand auf dem Taucher Marktplatz eine Kundgebung unter dem Motto „Gemeinsam für ein demokratisches Taucha - Zusammen gegen Rechtsextremismus!” statt. Aufgerufen hatten Einzelpersonen und Akteure aus der Tauchaer Stadtgesellschaft u.a. die Klima-Initiative Taucha, Projekte der Solidarischen Landwirtschaft sowie die Stadtratsfraktionen von SPD, CDU, FDP, Linke und Bündnis90/Die GRÜNEN. Tenor der Kundgebung mit vielen Redebeiträgen: Vielstimmigkeit ist ein elementarer Bestandteil der Demokratie, rechte und rechtsradikale Lösungsansätze stellen aber keine Alternative dar.

Knapp 300 Menschen versammelten sich am Sonnabend ab 15 Uhr zum Teil mit selbst gestalteten Schildern, um gemeinsam klar Position zu beziehen und Gesicht zu zeigen. Zehn Redner näherten sich dem Motto der Kundgebung auf ihre jeweils eigene Art und Weise. Redebeiträge hielten der Pfarrer der Kirchgemeinde St. Moritz Taucha, Nico Piehler, Barbara Kolditz von der Klima-Initiative Taucha e.V., Lou vom Verein Solidarische Alternativen für Taucha e.V., die CDU-Bundestagsabgeordnete Christiane Schenderlein, Ronny Rauscher, Vorsitzender der SPD Taucha, die Ex-Tauchaerin Luise Neuhaus-Wartenberg, die für DIE LINKE im Sächsischen Landtag sitzt, Eva von der Solidarischen Landwirtschaft KoLa Leipzig eG, Paul Deuschle (FDP Taucha) Tauchas Bürgermeister Tobias Meier sowie Stadtrat Fridtjof Erbs (Bündnis 90/Die GRÜNEN).

Viele Redner schilderten sehr persönliche Erlebnisse mit Gewalt, Antisemitismus und Hassrede und bezogen sich dabei emotional auch auf die Situation in Taucha. Sie riefen dazu auf, politischen Extremismus mit demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Positionen auch im eigenen Alltag klar zu widersprechen und sich aktiv am demokratischen Gemeinwesen sowie an den bevorstehenden Wahlen zu beteiligen. Andere widmeten sich in ihren Reden ganz konkret den gesellschaftlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Erstarken der extremen Rechten.

Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)
Fast 300 Menschen demonstrierten am Sonnabend für ein demokratisches Taucha (Foto: taucha-kompakt.de)

Pfarrer Nico Piehler berichtete, dass er vor viereinhalb Jahren bewusst nach Taucha kam, weil es eine liebenswerte und lebenswerte Kleinstadt ist. Mit viel Offenheit, einer bunten Vielfalt und einem starken Vereinsleben. „Das begeistert mich damals wie heute. Ich bin heute hier und spreche zu Euch, weil ich möchte, dass das so bleibt”, sagte er. Er erlebe immer wieder, dass die Weltoffenheit auch in Taucha in Gefahr sei. „Rechtsradikale Einstellungen sind inzwischen nicht mehr nur was für geschichtsvergessene Freaks, sondern in der breiten Bevölkerung angekommen. Hass und Angriffe auf Minderheiten sowie Antisemitismus scheinen salonfähig zu werden. Ich finde das schockierend”, so Piehler weiter.

Tauchas Bürgermeister Tobias Meier berichtete, dass seine Amtskollegen, wenn sie sich klar gegen menschenverachtende Einstellungen und demokratische Stimmen positionierten, oft mit Anzeigen aufgrund der Verletzung des parteipolitischen Neutralitätsgebots überzogen würden. Er ließe sich die Gelegenheit jedoch nicht nehmen, laut und deutlich zu sagen, „Nazis wählt man nicht! Auch nicht aus Frust. Denn wir wissen aus der Vergangenheit: Das geht schief!”

Luise Neuhaus-Wartenberg von DIE LINKE nahm Bezug auf die Demonstrationen und Kundgebungen der letzten Wochen im ganzen Land und wolle ein Zeichen setzen, wie sie sagt. Freiheit, Demokratie und Recht seien nicht einfach vom Himmel gefallen, sondern müssten erstritten, erkämpft und vor allem auch verteidigt werden. „Das was es braucht, um gegen alte und neue Nazis zu sein, ist relativ einfach: man muss eigentlich nur Mensch sein, mitmenschlich sein”, sagte sie und fügte hinzu: „Was können wir also gemeinsam tun um noch Schlimmeres zu verhindern? Wir müssen den Menschen aus Taucha, aus Nordsachsen, aus ganz Sachsen, die heute nicht hier sind, und auch der regierenden Politik zeigen, dass es uns nicht egal ist, was gerade passiert, wir müssen sie an ihre Aufgabe erinnern allen Menschen die Sicherheit zu geben ein anständiges Leben in einer offenen und demokratischen und gerechten Gesellschaft planen zu können.”

Christiane Schenderlein von der CDU äußerte den Wunsch, mehr miteinander zu reden. Es sei wichtig und gut, dass dies auf dieser Kundgebung getan werde. Solche Angriffe wie auf das Bürgerbüro der Grünen in Taucha lehne auch die Union ab. „Demokratie ist kein Selbstzweck. Sie lädt dazu ein, sich einzubringen und vom Mitmachen. Und davon, dass man nicht anderen diese Bühne überlässt”, sagte sie.

Stadtrat Fridtjof Erbs (Bündnis 90/Die GRÜNEN) forderte dazu auf, aktiv zu werden und die rechte Raumnahme so nicht hinzunehmen. Überzeugt werden müsse durch vernünftige Arbeit in den kommunalen Gremien, durch Aufklären und durch Miteinander-Sprechen. Als besonders schlimm nehme er wahr, dass bei nicht wenigen Menschen Angst zu spüren sei, sich öffentlich zu äußern. „Gewalt in Taten und Worten darf keine Zukunft haben!”, appellierte der Tauchaer Stadtrat.

Eva Köhler von der Genossenschaft der Solidarischen Landwirtschaft KoLa Leipzig eG betonte, dass es sie angesichts der Vorfälle aus den vergangenen Jahren durchaus Überwindung kostete, öffentlich auf der Kundgebung zu sprechen.

Ronny Rauscher von der SPD Taucha ist bekennender Jude und kam mit Kippa. Er dankte den Anwesenden. Es sei nicht selbstverständlich, dass sich Menschen in Taucha auf dem Markt treffen und für Demokratie demonstrieren. Zudem äußerte er den Wunsch, dass jeder Parteien wählen solle, die eine Alternative sind. Die AfD sei es nicht. „Sie ist rassistisch, nationalsozialistisch und intolerant. Diese Partei versucht, die Demokratie zu unterwandern”, so Rauscher.

Paul Deuschle von der FPD Taucha berichtete von einem Freund aus den USA, der Programmierer bei Google sei und nach Europa ziehen möchte. Deuschle hätte ihn ermutigt, nach Berlin zu ziehen und hier bei Google zu arbeiten. „Das Problem ist aber: er ist Jude. Und er habe Angst, als Jude in Deutschland zu leben. Er wäre eine Bereicherung für unser Land, traut sich aber nicht”, so Deuschle. Er berichtete aber auch von Angriffen gegen alle Menschen, wie etwa kürzlich gegen das Auto der Mutter eines AfD-Stadtrates in Leipzig-Engelsdorf . „Extremismus blinkt in alle Richtungen! Ich stelle mich vor alle Politiker, egal welcher Farbe, weil sie jeden Tag den Kopf hinhalten. Die Würde des Menschen ist unantastbar!”, so der Lehrer und stellvertretende Schulleiter des Tauchaer Geschwister-Scholl-Gymnasiums.

Barbara Kolditz von der Klima-Initiative Taucha zeigt sich „erschrocken über das neuerliche Auftauchen von Schmierereien und rechtsextremistischen Plakaten in Taucha. Steine wurden auf Fensterscheiben geworfen.

Immer wieder geschehen verbale und körperliche Angriffe auf Personen, in den sozialen Medien finden sich hemmungslose Hasskommentare, wenn es zum Beispiel um Asylunterkünfte oder Klima-Themen geht”, wie sie sagte. Darum sei es wichtig, Menschen zusammenzubringen, respektvoll miteinander zu reden, Argumente auszutauschen, wieder kompromissfähig zu werden, um die bestmöglichen Lösungen zu ringen.

Und Kristian Luda vom Verein Solidarische Alternativen für Taucha e.V. (SAfT) meinte: „In Taucha herrscht auch ein Klima der Angst. Es gibt Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Hintergründe, die sich nicht offen trauen darüber zu sprechen was in den 90ern in den 2000ern aber auch heute los war. Ich würde euch gerne ermutigen das aber tun tun.” SAfT wolle zukünftig ein Projekt entwickeln und umsetzen, in dem es darum geht diese Geschichten sichtbar und damit vielleicht auch aktuelle Entwicklungen besprechbarer zu machen.

Den Abschluss der Kundgebung bildete eine gemeinsame Tanz-Performanz.

Die Kundgebung am Sonnabend solle ein Auftakt sein. Auf der Webseite des Organisationsgruppe wird dazu aufgerufen, sich regelmäßig zu treffen, um gemeinsam Ideen zu entwickeln, wie mehr Miteinander und Demokratie in Taucha gestaltet werden kann. Zu einem ersten Treffen wird für den 14.3.2024 in das Diakonat Taucha geladen .


Daniel Große
Daniel Große
Daniel Große arbeitet seit 2001 als freier Journalist und berichtet hier zu allen Themen, die unsere Region bewegen. Infrastruktur, Blaulicht-Meldungen, Veranstaltungen, Neues aus den Rathäusern und vieles mehr veröffentlicht er hier. Schnell, kompakt und verständlich.
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